rassistischer Antisemitismus

Im 19. und 20. Jahrhundert wurde die „Andersartigkeit“ von Jüdinnen*Juden rassistisch begründet. Der frühere Antijudaismus wurde biologisiert. Das jüdisch sein bezog sich nicht mehr nur auf den Glauben, sondern wurde als „Rasse“ konstruiert. Die durch den Antijudaismus entstandenen Bilder über Jüdinnen*Juden wie z.B. „Hakennasen“, „wulstige Lippen“ oder „gekrümmte Haltung“ wurden im modernen Antisemitismus durch rassistische Judenbilder pseudowissenschaftlich objektiviert. Dadurch entstanden Stereotype über eine „typisch jüdische Körperlichkeit“ (Bernstein 2020: 53):

„Ilja schildert einen Dialog mit einem Unbekannten: Unbekannter: ‚Woher kommen Sie?‘ – Ilja: ‚Aus Israel.‘ – Unbekannter: ‚Habe ich mir schon gedacht.‘ – Ilja: ‚?‘ – Unbekannter: ‚Dass Sie jüdische Wurzeln haben. Sie sehen so biblisch aus.‘“

(Bernstein 2020: 53)

Neben der Körperlichkeit entstanden auch Stereotype über das „typische Wesen“, z.B. Eigenschaften wie „Gier“ und „Heimtücke“. Diese Wesenhaftigkeit geht auch oft damit einher, dass Jüdinnen*Juden durch Darstellung als Tiere entmenschlicht werden. (vgl. Bernstein 2020: 54) Ein gutes Beispiel dafür ist die Krake.

Mark-Zuckerberg – Karikatur aus der Süddeutschen Zeitung vom 21. Februar 2014. Bild übernommen aus Online-Spiegel-Artikel vom 25.02.2014

In der Freitagsausgabe der Süddeutschen Zeitung vom 21. Februar 2014 wurde diese Karikatur von Facebook-Gründer Mark Zuckerberg veröffentlicht, um damit die Übernahme von What’s App und das Sammeln von Nutzerdaten durch Facebook zu kritisieren. Die wahrscheinlich gut gemeinte Kritik an ausufernder Datensammlung und unzureichendem Datenschutz der User wird überschattet durch antisemitische Stereotypen, die in diesem Bild nicht zu übersehen sind. Ich finde zwar, dass Mark Zuckerberg keine Schönheit ist, eine so große Nase hat er aber bei Weitem nicht. Viel wichtiger: Karikaturen können natürlich bestimmte auffällige körperliche Merkmale ins Lächerliche ziehen, die Nase Zuckerbergs hat aber überhaupt keine Auffälligkeit. Die Hakennase ist ein typisch antisemitisches Stereoytp und diese Nase ist wohl deswegen so groß, weil der Zeichner betonen wollte, dass Zuckerberg Jude ist. Und das verbunden mit der entmenschlichenden Krakendarstellung, die historisch schon oft für antisemitische Darstellungen gewählt wurde, ist dann natürlich noch problematischer. Efraim Zuroff, Leiter des Wiesenthal-Zentrums kritisierte in diesem Zusammenhang:

„Ohne Zweifel riecht diese Karikatur nach Antisemitismus. (…) Das ist einfach klassisch: Der Jude will die Kontrolle der ganzen Welt an sich reißen.“

(Zuroff in Spiegel 2014)

Für mehr Informationen empfehle ich den Online-Artikel der Politikerin Marina Weisband zum Thema struktureller Antisemitismus, bei dem sie auch ihre eigenen Erfahrungen damit einbringt: https://marinaweisband.de/ueber-strukturellen-antisemitismus/