Ist Diskutieren möglich?

„Da hat sie einen antisemitischen Spruch gebracht, aber irgendwie wusste ich nicht, wie ich am besten reagieren kann.« Klar: Es ist meist nicht angenehm, Jugendliche oder Kolleg*innen auf antisemitische Äußerungen aufmerksam zu machen. Vielleicht, weil wir uns selbst unsicher sind, ob das Gesagte nun unter Antisemitismus fällt; vielleicht weil wir nicht genau wissen, wie wir das am besten thematisieren können; vielleicht auch, weil wir eine größere Auseinandersetzung scheuen.“(2)

Überlege Dir zunächst, mit wem Du diskutierst und was Du Dir von dem Gespräch erwartest. Manchmal ist es unumgänglich sich auf eine solche Diskussion einzulassen. Wen wir beispielsweise mit einem Familienmitglied, Kolleg*innen oder Freund*innen in eine solche Konfrontation geraten, möchten wir die Personen an sich ja nicht verärgern oder gar den Kontakt abbrechen. Eine Konversation, die das Ziel hat seine Meinungen auszutauschen, um sich selbst zu reflektieren und etwas neues zu erfahren, sollte bei einer fairen Argumentation aber auch niemanden verärgern. Oftmals haben zwei Gesprächsteilnehmer*innen aber unterschiedliche Intentionen für den Austausch. Wenn jemand lediglich ihre*seine Meinung äußern möchte, während sie*er keinerlei Interesse daran hat die Meinung anderer zu hören, ist es aber stets gerechtfertigt, diesen Unterschied zu enttarnen. Mit einem „Lass uns das Gespräch hier beenden, ich glaube nicht, dass wir auf einen gemeinsamen grünen Zeig kommen. Ich habe nicht das Gefühl, dass du dich wirklich mit mir austauschen möchtest. An bloßen Parolen bin ich nicht interessiert.“ kann man das Gespräch deutlich beenden. Wie wir aber zuvor schon festgestellt haben, ist unsere Umwelt und Gesellschaft sehr facettenreich und mit unterschiedlichen Menschen lohnt es sich auch unterschiedlich umzugehen.

Es gibt kein allgemeingültiges Rezept, wie man Menschen, die ein geschlossenes Weltbild haben oder auf diskriminierende Aussagen bestehen, am besten „umgehen“ sollte. Jede Person und jede Situation ist eine andere. Man kann aber in jedem Fall Stellung beziehen und sich gegen Antisemitismus stark machen.

Das Anführen von Fakten und Bestehen auf eine Argumentationslinie helfen (zumindest mir) in Diskussionen mit diesen sehr fraglichen Einstellungen. Auf der nächsten Seite stehen dafür weiter ausgeführte Punkte.(1)

Meines Erachtens nach, sind Diskussionen mit Menschen, die tatsächlich ein geschlossenes Weltbild haben, aber oft sinnfrei. Der „Austausch“ dreht sich dann oft im Kreis und alles, was man faktisch oder meinungsmäßig einbringt, wird mit vereinfachten Floskeln abgetan. Spricht man in diesen Gesprächen etwa an, dass eine überwältigende Mehrzahl an wissenschaftlichen Studien das Gegenteil belegen, werden diese als lobbyistisch motiviert oder von einer „Elite“ initiierte Forschungssparte abgetan. Zeigt man ihnen Berichte, sind diese durch die vermeidliche „Lügenpresse“ verfälscht. In diesen Fällen bestehe ich persönlich stets darauf, das Thema nicht weiter zu diskutieren, nenne, was ich als fraglich oder sehr kritisch an den jeweiligen Aussagen empfand und spreche mit den Personen nur über andere Themen.

Menschen, die gerne einer Verschwörungsfantasie nachgehen, mögen diesen radikalen Bruch, meiner Erfahrung nach, oft nicht. Ich kommuniziere dann aber, dass mir die Beziehung zu dem Menschen wichtiger sei als über diese „Theorien“ zu fachsimpeln und dass wir die Gesellschaft heute mit diesem Gespräch auch nicht ändern werden.

Diese leichten Erklärungen, warum unsere Welt manchmal als ungerecht erscheint, sind angenehm und nehmen die Verantwortung von den Individuen der allgemeinen Gesellschaft. Daher beschleicht mich die Vermutung, dass diese Erklärungen von den Anhänger*innen der Verschwörungsfantasien gerne weiterdiskutiert und gesponnen werden. Im Internet findet sich eine stetig wachsende Anzahl dieser Verfechter. Da man sich dort in seiner virtuellen Blase, also dem Raum in seinen sozialen Netzwerken und Foren, der nur mit Menschen der gleichen Meinung gefüllt zu sein scheint, in diese Ideen hineinsteigern kann und sich immer neue Weiterspinnungen dieser Mythen hingeben kann.

Erkennst du dieses Muster in deine*r Gesprächspartner*in, empfehle ich dir wie gesagt, das Gespräch abzubrechen und jenen Menschen keine neue Plattform für das gefährliche Weiterverbreiten diese Fake News zu bieten.

Quellen:

  1. Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (2017):
    http://www.mbr-berlin.de/materialien/publikationen-handreichungen/wir-lassen-uns-das-wort-nicht-nehmen/
  2. Kiana Ghaffarizad (2017): „Läuft noch nicht? Gönn dir: 7 Punkte für eine Jugendarbeit gegen Antisemitismus!“. In: Amadeu Antonio Stiftung: „Läuft bei dir!“.
    https://www.lks-bayern.de/fileadmin/user_upload/user_upload/laeuft-noch-nicht_goenn-dir_-7-punkte-gegen-antisemitismus.pdf