„Israelkritik“: Die BDS-Bewegung

BDS-Plakat mit übermalter Israel-Flagge, Melbourne 2010, Quelle: Wikipedia

Ein Beispiel für eine einflussreiche antisemitische Kampagne ist die BDS-Kampagne. Immer wieder gehen BDS-Aktivisten auf die Straße, um gegen Israel zu protestieren. Die Abkürzung steht für „Boycott, Divestment and Sanctions“ und die Kampagne verfolgt das Ziel der Delegitimierung Israels.

BDS wirft Israel vor, Menschenrechte zu missachten, als Antwort fordert die Kampagne harte Sanktionen gegenüber dem Land. Eine der Kernkritikpunkte der Kampagne ist, „der Staat Israel sei ‚größtenteils auf Land gegründet‘ worden, welches ‚zuvor von seinen palästinensischen BesitzerInnen ethnisch gesäubert wurde‘“ (Salzborn 2013: 11)

Dem gegenüber steht der Fakt, dass die Gründung Israels nicht auf Grundlage „ethnischer Säuberung“ passiert ist, sondern damalige arabische Grundbesitzer ihre Grundstücke freiwillig verkauften. Nach dem Ersten Weltkrieg war das damalige Palästina 1922 als Völkerbundmandat an Großbritannien gefallen,  das mit der Balfour-Deklaration vom 2. November 1917 das Versprechen gab, in der Region Palästina einen jüdischen Staat zu errichten. (vgl. Salzborn 2013: 11)

„Die bereits vor dem Aufkommen des Zionismus Ende des 19. Jahrhunderts begonnenen Einwanderungen (Alijot) in das historische Land Israel (Erez Jisrael) wurden so politisch erleichtert, und die Mandatsbehörden unterstützten den Aufbau der Infrastruktur in erheblichem Maße. Bereits vor Beginn des Ersten Weltkriegs hatte der Nationalfonds Keren Kajemet LeIsrael begonnen, Land in Palästina zu kaufen, das zum größten Teil zum Besitz meist im Ausland lebender arabischer Großgrundbesitzer gehörte. Die auf der ganzen Welt durch den Nationalfonds gesammelten Spenden wurden von der Jewish Agency verwaltet, die maßgeblich die Einwanderung nach Israel organisierte und den Aufbau eines Erziehungs- und Gesundheitswesens betrieb.“

(Salzborn 2013: 11)

Es stimmt also nicht, dass jüdische Siedler das Land unrechtmäßig erworben hatten. Arabische Großgrundbesitzer waren sogar sehr daran interessiert, ihr Land zu angestiegenen Landpreisen zu verkaufen. (vgl. Salzborn 2013: 12)

Ein weiteres Selbstverständnis der BDS-Bewegung ist der Vergleich des Nahostkonflikts mit dem „Kampf der Südafrikaner gegen die Apartheid“. Dieser Vergleich ist nicht berechtigt, da es in Israel keine Staatsangehörigkeitsregelung gibt, die ethnisch diskriminiert. Israel ist eine Demokratie und kein autoritäres Regime, wie das damalige Südafrika. (vgl. Salzborn 2013: 12)

Die Forderungen der BDS-Kampagne sehen wie folgt aus:

  1. Israel soll die Besetzung und Kolonisation allen arabischen Landes beenden und die Mauer abreißen;
  2. Israel soll das Grundrecht der arabisch-palästinensischen Bürger*innen Israels auf völlige Gleichheit anerkennen;
  3. Israel soll die die Rechte der palästinensischen Flüchtlinge, in ihre Heimat und zu ihrem Eigentum zurückzukehren, wie es in der UN Resolution 194 vereinbart wurde, respektieren, schützen und fördern.

(vgl. Salzborn: 2013: 12)

Anhand dieser Forderungen kann man sehr leicht erkennen, dass es der BDS-Kampagne nicht nur um Kritik der israelischen Politik geht, sondern antisemitische Ressentiments tief verankert sind.  

„Bereits in der Schlussforderung, dem so genannten Rückkehrrecht, wird deutlich, dass (…) es um die Vernichtung Israels geht. Denn die palästinensische Sicht besteht in der Annahme einer ‚Vererbbarkeit‘ des Flüchtlingsstatus, d.h. die so verstandenen Flüchtlinge werden von Jahr zu Jahr mehr und potenzieren damit auch ihren Eigentumsanspruch. (Die) Beendigung von ‚Besatzung und Kolonisation allen arabischen Landes‘, zu dem gemäß der Unterstellung, Israel habe ‚ethnische‘ Säuberungen betrieben, offensichtlich auch weite Teile Israels gezählt werden (wenn nicht sogar ganz Israel), ist eine Parole, die auf die Delegitimierung (…), mehr noch aber auf die Vernichtung Israels abzielt.“

(Salzborn 2013: 12)

Gerade auch der Aufruf zum Boykott israelischer Produkte ist eine Weiterentwicklung der antisemitischen Nazi-Parole „Kauft nicht bei Juden“. Hier wird ein gesamtes Land mit all seinen Einwohner*innen pauschal verantwortlich für die Politik der Regierung gemacht.

Ein weiterer interessanter Aspekt taucht in Bezug auf den angesprochenen sekundären Antisemitismus, also die Täter-Opfer-Umkehr auf.  Historisch gesehen haben vor allem palästinensische Organisationen die Vernichtung Israels angestrebt. Gruppen wie die Hamas haben heute noch dieses Ziel und artikulieren dies auch ganz offen. Regelmäßige Raketenbeschüsse und Selbstmordattentate sind die Folge dessen. Es werden aber von Gruppen wie BDS nur die Maßnahmen Israels kritisiert. Insofern kann man hier von doppelten Standards sprechen. (vgl. Salzborn: 2013: 13).

„Der Ausgangspunkt aller Diskussionen kann doch nur sein: Israel ist die einzige Demokratie im Nahen Osten, die seit ihrer Gründung ununterbrochen angegriffen wird und sich gegen diese Angriffe verteidigt – wie jede andere Demokratie dies auch tut oder tun würde. Wer hinter diesen basalen und banalen Anspruch zurückfällt, hat wesentliche Grundlagen einer Kritikfähigkeit bereits verspielt und agiert auf Basis eines mythologischen oder instrumentellen Weltbildes.“

(Salzborn 2013: 14)

Kritik an der israelischen Regierungspolitik muss also nicht automatisch antisemitisch sein. Beispiele für regierungskritische Initiativen gibt es auch genügend in Israel selbst. Nur ist es eben wichtig, auf Grundlagen von Fakten zu agieren, anstatt Vorurteilen und Ressentiments zu verfallen. Auch hier wieder können die drei D’s aus Abschnitt 3, Lektion 9 eine gute Hilfe sein, das zu erkennen: Dämonisierung, doppelter Standard und Delegitimierung.