Inszenierung als Fremd- oder Selbstinszenierung im Kunst-Kontext?

(Quelle: cleanpng.com)


Unter Inszenierung verstehen wir im Bereich der darstellenden Kunst (Theater, Filme, Serien, Performance) die Summe aller Ideen zwischen Text, Spiel, Raum, Kleidung, Bühne und Besetzung eines künstlerischen Produkts. Die Öffentlichkeit, die rezipiert, ist zugleich Teil dieser Inszenierung wie auch der Adressat der Inszenierung. Eine Inszenierung kann also auch als „öffentliche Herstellung eines vorübergehenden räumlichen Arrangements von Ereignissen“, bezeichnet werden. Wichtig ist, dass dieser Form von Inszenierung immer eine Absichtlichkeit unterstellt wird: Also, alles was auf der Bühne geschieht und auch die Wirkung, die beim Zuschauer* erzeugt wird, geschieht bewusst.

Die Aufgabe 1 in der vorherigen Lektion diente der ersten Unterscheidung von Fremd- und Selbstinszenierung. Wenn jemand anderes dich inszeniert, dir sagt, wie du laufen, sprechen, spielen und was du sagen sollst, ist das, was du auf der Bühne zeigst, eine Fremdinszenierung – meistens ist das im Theater und Film der Fall, weil wir selten uns selbst spielen und wenn, dann ist da doch meistens noch jemand, der uns sagt, wie wir uns am besten selbst spielen. Das bedeutet, dass der Blick von Außen, nämlich der Blick derjenigen Person, die dich inszeniert, dich als Fremde behandelt und die Idee deiner Figur mit ihren Ideen dominiert. Das nennt man dann eine Fremdinszenierung mit einer Außenperspektive und weicht vielleicht oft von dem ab, was du selbst über die Figur denkst, die du spielst.

Eine Selbstinszenierung ist in diesem Kontext dann also strenggenommen der Vorgang, wenn du selbst auf der Bühne stehst, die Idee und der Text von dir stammen, du dich selbst spielst und niemand anderes in diesem Prozess beteiligt ist. Dieser Vorgang kommt, zumindest in den Darstellenden Künsten, sehr selten vor; denn eigentlich ist der Blick von Außen für diejenigen, die auf der Bühne stehen, meistens sehr wichtig, denn diejenigen, die von Außen schauen, sind auch die ersten Zuschauer*innen, denen wir später unsere Arbeit zeigen werden.

Dementsprechend scheint es in diesem Kontext sinnvoll, hier ein weniger strenges Reglement für das Verständnis von Selbstinszenierung aufzustellen und eher danach zu fragen, wer aufgrund von Machtverhältnissen in der Produktion die Entscheidungen darüber trifft, was wie gezeigt wird und wer dann die Person ist, die diese Entscheidungen auf der Bühne zeigt, also wer aus welcher Perspektive für wen als wer spricht.

Knoten im Hirn?

Ich auch.

Ich vereinfache nochmal anhand eines Beispiels:

Wenn wir zusammen ein Stück über dein Leben arbeiten würden, du die Texte schreibst und deine Bühnenfigur eine für die Bühne adaptiere Version von dir selbst ist, ich dir aber nicht sage, wie du auf der Bühne zu sein, sondern wie du vielleicht an dieser einen Stelle zum Beispiel etwas ironischer sprechen sollst, könnte man sagen, dass du dich selbst inszenierst und ich dir nur helfe, dies zu tun, indem ich dir Tipps gebe. Würde ich dir aber sagen, dass du an dieser Stelle falsch bist, dass wir daher an dieser Stelle deine Figur verändern müssen, damit das auf der Bühne funktioniert, würde ich dich inszenieren und es wäre eine Fremdinszenierung, weil meine Wahrnehmung von dir plötzlich dich überlagern würde.

Kommt dir das alles irgendwie bekannt vor? Wir hatten ähnliche Themenfelder schon in den Lektionen 1 und 2 von Abschnitt 1, als es um Self-Awareness ging. Du siehst, das hängt hier alles miteinander zusammen.

Es hat alles mit diesen vier Fragen zu tun, die wir inzwischen endlich stellen können:

Wer spielt wen, wie, warum?

Wer inszeniert wen, warum, wie?

Wer nimmt wen, wie, warum so oder so wahr?

Und wie verändert schlussendlich die Perspektive, aus der gespielt, inszeniert und/oder wahrgenommen wird, das, was eigentlich geschieht?

Immer noch kompliziert!?

Ist nicht so schlimm, wenn du da jetzt noch nicht oder nie so ganz durchblickst. Ich kriege auch einen Knoten im Kopf und ich beschäftige mich mit diesen Logiken zwischen Identität, Wahrnehmung und Fremdzuschreibungen seit 10 Jahren. Wichtig ist nur, dass du verstehst, warum diese Fragen wichtig sind, wenn es um die Wahrnehmung der Inszenierung „jüdischer Identität“ geht und was das alles mit Seinfeld, The Nanny, Friends und Co zu tun hat. Und wenn du das noch nicht verstanden hast, dann hab ich es vielleicht einfach nicht geschafft, das alles plausibel darzustellen. Denn es ist kompliziert und ich übe weiter, während ich an diesem Kurs arbeite.

Aufgabe 1: Schreibe einen fünfzeiligen Text über dein Gefühl, nachdem du diesen Text in diesem Kapitel gelesen hast und gib ihm deinem besten Freund oder deiner besten Freundin zu lesen. Dann soll sie oder es ihn dir vorspielen in deinem Zimmer, richtig in dich als Figur einsteigen und dich spielen. Schau dir die kleine Aufführung an und überlege dann, ob sie oder er das aus deiner Perspektive sinnvoll und gut gelöst hat und wenn ja, mach dir klar, warum und wenn nein, mach dir auch klar, warum nicht. Übernehme dann selbst deine eigene Rolle und zeige sie deinem Freund oder deiner Freundin, wie du es dir vorgestellt hast.

Aufgabe 2: Recherchiere im Internet etwas über Künstlerin Fran Drescher und die Entstehung der Serie The Nanny. Schreibe dann auf, in welchen Funktionen sie in der Serie The Nanny gewirkt hat. Überlege dann, ob ihre Figur der Fran Fine eine Selbst- oder eine Fremdinszenierung ist.