Antisemitismus im Rap

Wir haben uns in den vergangenen Abschnitten näher damit beschäftigt, was strukturelle Diskriminierung eigentlich ist und welche verschiedenen Formen von Antisemitismus es gibt. Gerade Musik als eines der wichtigsten Kulturgüter sozialisiert Menschen und kann dadurch auch auf kultureller Ebene Diskriminierung verursachen. Rap ist ein Genre, in dem man sehr häufig mit antisemitischen Aussagen konfrontiert wird.

Meine Einstellung dazu ist, dass nicht Rap an sich antisemitisch ist, sondern Rap ein Genre, das sich sehr stark über Provokationen identifiziert und diese Provokationen den Grad der Kritik überschreiten und zu Diskriminierung werden können, die Vielzahl an sexistischen Songs im Rap muss man dazu wohl nicht erwähnen. Rap ist eben, wie viele Kunstformen, ein Spiegel der Gesellschaft. Es sind Texte, die von Menschen geschrieben werden, die in einer diskriminierenden Gesellschaft aufwachsen und dementsprechend Vorurteile internalisiert haben. Dementsprechend hängt meine Antwort auf die Frage, warum Antisemitismus in Rapmusik in den letzten Jahren verstärkt vorkommt, sehr eng mit der Frage zusammen, warum antisemitische Vorurteile in der Gesellschaft zunehmen.

Antisemitismus im Rap äußerst sich oft über „Israelkritik“. Das liegt auch daran, dass Rap schon immer Kritik an Herrschaft ausgeübt hat und das Bild eines unterdrückenden Israels und unterdrückter Palästinenser dazu führt, sich mit palästinensischen Menschen zu solidarisieren.

Hierfür will ich noch einmal auf den im letzten Abschnitt angesprochenen Unterschied zwischen Antisemitismus und Rassismus eingehen. Antisemitische Vorurteile konstruieren jüdische Menschen als überlegen, herrschend, mit Macht ausgestattet usw. Diese Blickweise hat sich im heutigen Antisemitismus auf Israel ausgeweitet. Der Staat wird als überlegen, unterdrückend,… konstruiert und dieses Bild ist sehr anschlussfähig für Verschwörungstheorien. Die Ambition, Kritik an Unterdrückung zu üben ist erst mal nachvollziehbar, die Projektion auf Juden und Israel, die zu Stereotypisierung führt dagegen problematisch. Wie im Kapitel zu israelbezogenem Antisemitismus schon angesprochen tendieren einige Rapsongs dazu, nicht die Regierung oder eine Partei und ihre Politik in Israel zu kritisieren, sondern dem ganzen Staat das Existenzrecht abzusprechen bzw. immer wieder Bezüge zu einer jüdischen Weltverschwörung zu nehmen. Gerade bei der Analyse solcher Songs ist es deswegen wichtig, die drei D`s zu überprüfen, die ich im vorherigen Abschnitt genauer erklärt habe, um festzustellen, ob ein Song antisemitisch ist: Doppelstandard, Dämonisierung und Delegitimierung.

Im folgenden findet ihr einen interessanten Beitrag des WDR zu Antisemitismus im deutschen Rap, darunter auch eine genauere Analyse eines Videos.

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https://youtu.be/HXZCmXK9wWc
WDR-Doku „Gibt es Antisemitismus im deutschen Rap?“

Gerade die Analyse von Antisemitismus in Rapvideos oder Songs bietet sich natürlich auch für den Unterricht an. Als Grundlage für die Analyse von Antisemitismus ist Sharanskys 3-D-Test (Abschnitt 3, Lektion 9) gut geeignet: Doppelstandard, Delegitimierung und Dämonisierung.